Zeuge Ferdinand Brauner
1. Frankfurter Auschwitz-Prozess
»Strafsache gegen Mulka u.a.«, 4 Ks 2/63
Landgericht Frankfurt am Main
107. Verhandlungstag, 2.11.1964
Vernehmung des Zeugen Ferdinand Brauner
Vorsitzender Richter:
[+ Sind Sie damit einverstanden, daß wir Ihre Aussage auf ein Tonband nehmen zum Zweck der Stützung des Gedächtnisses] des Gerichts?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Bitte schön, ja.
Vorsitzender Richter:
Sie sind wie alt?
Zeuge Ferdinand Brauner:
53.
Vorsitzender Richter:
53 Jahre alt. Von Beruf?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Schuhmacher.
Vorsitzender Richter:
Wohnhaft in?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Kaufering, Schützenstraße 15, Kreis Landsberg.
Vorsitzender Richter:
Sind Sie verheiratet?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Jawohl.
Vorsitzender Richter:
Und mit den Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Nein.
Vorsitzender Richter:
Nein. Herr Brauner, Sie stammen aus dem Sudetenland.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Richtig.
Vorsitzender Richter:
Und sind 1935 der Henlein-Partei beigetreten.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Jawohl.
Vorsitzender Richter:
Gehörten außerdem einem deutschen Turnverband an.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Jawohl.
Vorsitzender Richter:
Und sind auf diese Art und Weise ausgesucht worden zur Waffen-SS, wo Sie sich freiwillig nicht hingemeldet hatten.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Wir wurden gezogen, ja, 39. [...]
Richter Hotz:
Er soll in der Schreibstube gewesen sein.
Vorsitzender Richter:
Sie kamen dann zur Waffen-SS und wurden in Breslau ausgebildet, wurden dann nach Dachau überstellt. Stimmt das?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ich war in Breslau acht Tage, von dort ging es nach Dachau. Dort war ich nur drei Tage, und von Dachau ging ich zur Ausbildung nach Freimann bei München.
Vorsitzender Richter:
Ja. Und haben dann Ihre Grundausbildung dort bekommen.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Jawohl.
Vorsitzender Richter:
Das dauerte bis März 40.
Zeuge Ferdinand Brauner:
40, ja.
Vorsitzender Richter:
Stimmt das?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ja, so Mitte März.
Vorsitzender Richter:
Mitte März. Sind dann zum Einsatz gekommen in Norwegen.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Richtig.
Vorsitzender Richter:
Und auch an der russischen Front.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Jawohl. Murmansk. [...]
Vorsitzender Richter:
In Murmansk. Wurden aber dann abgestellt nach Auschwitz. Und wann war das ungefähr?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ich weiß es nicht mehr, wann das war. Weil ich GvH gestellt war und im Reich im Lazarett lag, wurde ich ja hier nach Auschwitz von der Genesungskompanie in Ostpreußen 42, glaube ich, war das - ich kann es nicht mehr sagen, wann das war -, mit einem Trupp nach Auschwitz überstellt.
Vorsitzender Richter:
Ja, 42. Und kamen dort wohin?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Dort kam ich zu einer Kompanie.
Vorsitzender Richter:
Ja. Und haben Sie dann erst Wachdienst verrichtet?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Nicht lange. Da ich noch krank war, wurde ich in die Schreibstube bald hereinbeordert.
Vorsitzender Richter:
In die Schreibstube beordert. Und zwar in welche Abteilung?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Abteilung war das nicht. Das war nur eine Kompanieschreibstube für die Einteilung der Wachmannschaft.
Vorsitzender Richter:
Und wie lang blieben Sie dort?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Dort war ich einige Wochen oder Monate, ich weiß es nicht mehr.
Vorsitzender Richter:
Wissen Sie nicht. Und kamen dann wohin?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Dann wurde ich in das SS-Truppenrevier abgestellt.
Vorsitzender Richter:
In das SS-Truppenrevier. Wissen Sie noch, wann das ungefähr gewesen ist?
Zeuge Ferdinand Brauner:
War das Ende 42 oder Anfang 43, ich weiß es nicht mehr.
Vorsitzender Richter:
Ende 42 oder Anfang 43. Wer war damals Standortarzt?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ungefähr nach 14 Tagen kam Doktor Wirths. [...]
Vorsitzender Richter:
Und dann blieben Sie dort bis wann?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Da war ich in dieser Schreibstube, in der Standortschreibstube des Doktor Wirths oben, mehr Telefonarbeiten und so, solche Sachen habe ich gemacht. Ich glaube, fast ein Jahr war ich da oben drin, ja.
Vorsitzender Richter:
Sie haben mal gesagt, bis zur zweiten Hälfte des Jahres 44.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Mag sein, ja.
Vorsitzender Richter:
Kann stimmen. Und Sie kamen dann in die Deutschen Ausrüstungswerke, ja. [...]
Zeuge Ferdinand Brauner:
Nein, nein, nein. Ich kam dann von der Schreibstube oben herunter ins Truppenrevier zur Betreuung der kranken SS-Leute, als Hilfsschreiber.
Vorsitzender Richter:
Ja. Und wo war das Truppenrevier?
Zeuge Ferdinand Brauner:
In diesem Block außerhalb des elektrischen Drahtes vor dem Lager.
Vorsitzender Richter:
Ja. Und wie lang blieben Sie dort?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Da war ich sehr lange Zeit auch, ja. Genau kann ich das nicht mehr sagen.
Vorsitzender Richter:
Also Sie haben ausgesagt: »Ich bin auf der Schreibstube des Truppenarztes verblieben bis in die zweite Hälfte des Jahres 1944.«[1]
Zeuge Ferdinand Brauner:
Kann sein, ja, ja.
Vorsitzender Richter:
Und dann kamen Sie zu den Ausrüstungswerken.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Nein, nein, nein. Ins Ausrüstungswerk kam ich überhaupt nicht.
Vorsitzender Richter:
Ja, das haben Sie aber mal ausgesagt: »Ich kam sodann zu den Deutschen Ausrüstungswerken. Hier habe ich Krankengeschichten geschrieben. Es war dort ein Sanitäter tätig. Für diesen habe ich gearbeitet. Ein Arzt war nicht vorhanden.«[2]
Zeuge Ferdinand Brauner:
Das ist unmöglich. Das hat sich hier irgendwie verschoben. Ich kam, und zwar war doch riesig viel Fleckfieber ausgebrochen, und da hat Doktor Wirths die Schreibstuben leer gemacht. Das war ein Einsatz. Für kurze Zeit mußten wir alle, die übrig sein konnten, heraus und mußten draußen Dienst machen, in den Lagern. Und da kam ich ja nach Birkenau in ein Lager.
Und dort habe ich nichts anderes getan - 14 Tage, höchstens drei Wochen war ich da - als achtgegeben auf die Häftlinge. Die haben ihre Wäsche entlausen müssen, weil alles so voll Fleckfieber war. Und da hat man nichts getan den ganzen Tag, als daß man so ein bißchen rumgelaufen ist und daß eben die Leute ein bißchen gearbeitet haben. Und dort holte ich mir Fleckfieber und kam sofort ins Revier zurück. Dort lag ich acht Tage, bis man das erkannt hat. Dann kam ich nach Kattowitz ins Krankenhaus.
Vorsitzender Richter:
Nach Kattowitz. Als Kranker?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Als Kranker mit Fleckfieber.
Vorsitzender Richter:
Haben Sie in Ihrer Zeit die Namen Klehr und Neubert kennengelernt?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Herr Klehr war im Truppenrevier manchmal herinnen. Ich weiß nicht, hat er sich etwas geholt, Tabletten oder so was. Da habe ich den Namen Klehr kennengelernt. Da habe ich den Herrn Klehr gesehen.
Vorsitzender Richter:
Haben Sie auch den Namen Neubert kennengelernt?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Herrn Neubert habe ich, jetzt komme ich darauf, gesehen in, wie sagten Sie vorhin, Monowitz?
Vorsitzender Richter:
Nein, in den Deutschen Ausrüstungswerken.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ausrüstungswerke. Ja, einen Tag. An einem Tag habe ich ihn gesehen, ja, Herrn Neubert.
Vorsitzender Richter:
Und haben Sie den Doktor Lucas gekannt?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Herr Doktor Lucas habe ich auch nur gekannt, weil er bei uns im Truppenrevier war. Und er ist mir besonders darin aufgefallen, daß er ein netter Mensch war und nicht so rumgeschrien hat, weil ich im Schreiben der Krankengeschichten nicht so tüchtig war. Und da hat er immer sehr viel Geduld gehabt, ja.
Vorsitzender Richter:
Aber sonst über die Tätigkeit der drei Genannten haben Sie keine Erinnerung?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Über die Funktion dieser Leute weiß ich nichts.
Vorsitzender Richter:
Wissen Sie nichts. Herr Rechtsanwalt Göllner, Sie hatten den Zeugen benannt.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Wer ist das bitte?
Verteidiger Göllner:
Rechtsanwalt Göllner. Ich bin der Verteidiger von Klehr. Herr Zeuge, von wem haben Sie den Wehrsold bekommen in Auschwitz? Ist Ihnen der Name Wilks hier in diesem Zusammenhang
Zeuge Ferdinand Brauner [unterbricht]:
Ja, Wilks war unser Rechnungsführer. [...]
Verteidiger Göllner:
Haben Sie von dem den Wehrsold bekommen?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ja, der hat ja an alle den Wehrsold ausgezahlt.
Verteidiger Göllner:
Auch an Klehr?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Das weiß ich nicht. Ich nehme doch an, daß Herr Wilks für das Revier verpflichtet war, auszuzahlen.
Vorsitzender Richter:
Für das Revier.
Verteidiger Göllner:
Also für das SS-Revier mit anderen Worten?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ja.
Verteidiger Göllner:
Herr Wilks hat nämlich hier als Zeuge ausgesagt, er kenne den Klehr überhaupt nicht. Deshalb habe ich die Frage an Sie gerichtet.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Das weiß ich eben nicht. Er hat nur für uns, für die Truppe, aus[+ gegeben]. Wir haben ein Stück Seife bekommen und den Lohn.
Vorsitzender Richter:
Klehr war ja nicht im Truppenrevier.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Nein.
Verteidiger Göllner:
Er gehörte aber dazu, praktisch.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Das weiß ich nicht.
Vorsitzender Richter:
Herr Rechtsanwalt, das Truppenrevier war doch, wie wir es bisher kennengelernt haben, ein Revier zur Behandlung von SS-Angehörigen. Und dort war, soviel ich bisher gehört habe, Klehr dienstlich nicht tätig. Sondern er war jedoch tätig in den Häftlingskrankenbauten.
Verteidiger Göllner:
HKB, jawohl.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Zu meiner Zeit war er nicht tätig. Vorher weiß ich nichts.
Verteidiger Göllner:
Herr Zeuge, ist Ihnen bekannt, welche Personen als Desinfektoren eingeteilt waren während Ihrer Dienstzeit?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Das habe ich jetzt nicht verstanden. Ich höre auf dem linken Ohr nichts, habe ich ein
Vorsitzender Richter [unterbricht]:
Also ein bißchen lauter sprechen, Herr Rechtsanwalt, bitte schön.
Verteidiger Göllner:
Welche Desinfektoren waren in Auschwitz während Ihrer Dienstzeit eingesetzt?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Desinfektoren?
Vorsitzender Richter:
Sie haben doch gesagt, Sie wären ab und zu einmal geholt worden, um Kleider zu desinfizieren.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Also wir haben ja das nicht gemacht. Das haben die Häftlinge gemacht. [...]
Vorsitzender Richter:
Wissen Sie aus dieser Zeit, wer damals zur Desinfektion von seiten der SS eingesetzt war? [...]
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ich war ja alleine da drin diese kurze Zeit, in diesem Lager da. Ich habe um mich herum da niemanden gehabt.
Vorsitzender Richter:
Also die Frage des Rechtsanwalts Göllner geht dahin, ob Sie wissen, wer dem Desinfektionskommando von seiten der SS angehört hat außer Ihnen. Wissen Sie das, oder wissen Sie es nicht?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Das weiß ich nicht.
Vorsitzender Richter:
Wissen Sie nicht.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Nein, Herr Rechtsanwalt.
Verteidiger Göllner:
Hing in Ihrer Dienststube nicht der Dienstplan der Desinfektoren aus?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Nein, in der Truppenschreibstube hing das nicht aus. Wir haben nur unsern Schrank gehabt mir den Krankengeschichten da.
Verteidiger Göllner:
Haben Sie Klehr häufiger gesehen in der Zeit, wo Sie dort waren?
Zeuge Ferdinand Brauner:
In dem Truppenbehandlungsraum habe ich ihn ein- oder zweimal gesehen, ja.
Verteidiger Göllner:
Hat er eine Brille getragen?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Das weiß ich nicht mehr, kann ich mich nicht erinnern.
Verteidiger Göllner:
Herr Zeuge, Sie haben gesagt, Sie wären Ende 1942/Anfang 1943 zu dem Revier gekommen, und zwar zu einer Zeit, als grade der Doktor Wirths Standortarzt in Auschwitz geworden sei.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ja.
Vorsitzender Richter:
Nein, Moment, Herr Rechtsanwalt, also so genau hat er es nicht gesagt. Er hat gesagt: »Ich war kaum dort, dann kam der Doktor Wirths.«
Verteidiger Göllner:
Ja, und das halte ich ihm nun vor, weil Doktor Wirths bereits im Juli 1942 nach Auschwitz gekommen ist.
Sprecher (nicht identifiziert):
September. [...]
Verteidiger Göllner:
September? So.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Das weiß ich nicht mehr genau.
Verteidiger Göllner:
Also Klehr und Scherpe behaupten, der wäre bereits im Juli gekommen, grade wegen der Seuchenepidemie, die da kurz ausgebrochen war und die dann praktisch dazu geführt hat, daß ganz Auschwitz zum Seuchensperrgebiet erklärt worden ist.
Vorsitzender Richter:
Also ich kann Ihnen vielleicht vorlesen, was der Zeuge bei seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter gesagt hat: »In der Kompanieschreibstube verbrachte ich zwei oder drei Monate. Ich kam danach zur Dienststelle des SS-Standortarztes Auschwitz. Als ich meinen Dienst dort antrat, war Doktor Wirths noch nicht in Auschwitz. Er ist aber kurze Zeit danach gekommen. Wenn ich befragt werde, ob ich den SS-Standortarzt Doktor Popiersch gekannt habe, so muß ich das verneinen. Der Name Doktor Uhlenbroock ist mir nicht bekannt. Es könnte möglich sein, daß dieser als Standortarzt fungiert hat, ich habe aber keine Erinnerung mehr, wer der Vorgänger von Doktor Wirths war.«[3] Das heißt also, als er hinkam, war Doktor Wirths noch nicht da. Er kam aber unmittelbar darauf, er hat heute gesagt, etwa zwei Wochen später.
Verteidiger Göllner:
Herr Zeuge, ist Ihnen der Telefondienst des SS-Reviers bekannt gewesen?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ja.
Verteidiger Göllner:
Wie funktionierte dieser Telefondienst?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Wir hatten nur die Verbindung mit den Kompanien aufrechterhalten, wir wurden angerufen: Dort und dort ist ein Fieberkranker. Wir sollen einen Arzt hinausschicken zur Kompanie, oder wir sollen anrufen die Fahrbereitschaft, es muß ein SS-Mann abgeholt werden mit 39, 40 Grad Fieber. In dieser Weise ist das im SS-Truppenrevier bei uns vorgegangen. Wir waren nur eingesetzt für die Truppe.
Verteidiger Göllner:
Und wie war es mit dem Rampendienst, mit dem Rampendienst von Birkenau?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Rampendienst? Damit habe ich nichts zu tun gehabt, mit Rampendienst.
Vorsitzender Richter:
Na, also der Herr Rechtsanwalt meint den Dienst an der Rampe bei ankommenden Zügen. Ob Sie, wenn also Züge, Transporte ankamen mit Menschen, die nach Auschwitz gebracht wurden, da mal Dienst gehabt haben, um dort auch auf der Rampe tätig zu sein beim Aussortieren der Leute beziehungsweise beim Einteilen und Abzählen und so weiter?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Nein, nein.
Verteidiger Göllner:
Herr Direktor, Verzeihung, das meinte ich nicht. Ich meinte den Telefondienst für die Rampe beim Eintreffen von Transporten, ob er
Vorsitzender Richter [unterbricht]:
Also der Herr Rechtsanwalt meint, wenn ein Transport angekommen ist, da mußten benachrichtigt werden zunächst einmal die SS-Ärzte, die da Dienst hatten. Und ob Sie von Ihnen benachrichtigt worden sind?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Unsere Truppenschreibstube, die war im Erdgeschoß. Und diese Schreibstube, wo sich das abgespielt hatte, die war im ersten Stock neben den Stabsscharführer. Deshalb kann ich Ihnen da keine Auskunft geben.
Verteidiger Göllner:
Dann wissen Sie auch nicht, ob Klehr über diesen Rampendienst telefonisch benachrichtigt wurde?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Nein, das kann ich nicht sagen.
Verteidiger Göllner:
Herr Zeuge, kennen Sie den Unterscharführer Richter? [...]
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ja, doch. Ja.
Verteidiger Göllner:
Was war der?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Der war oben in der Schreibstube tätig beim Standortarzt.
Verteidiger Göllner:
War der 1. Schreiber beim Standortarzt?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Der war mit dem Stabsscharführer stets zusammen, ja. Ob 1. Schreiber, das weiß ich nicht.
Verteidiger Göllner:
Der hier schon vernommene Zeuge Langbein hat nämlich bekundet, er sei 1. Schreiber bei dem Standortarzt gewesen.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Das könnte sein, weil er immer zwischen dem Stabsscharführer und dem Standortarzt vermittelt hat. Geschrieben selbst hat er wenig, gell?
Verteidiger Göllner:
Herr Zeuge, kennen Sie den Angeklagten Scherpe?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Herrn Scherpe habe ich, glaube ich, auch mal gesehen im Revier bei uns, ja. Weiß nicht, war er krank oder was los war.
Verteidiger Göllner:
Wissen Sie, wann Scherpe Klehr abgelöst hat?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Nein, nein. Was Scherpe gemacht hat, weiß ich überhaupt nicht. Er war nur einmal krank. Er mußte dann zu uns in die Schreibstube kommen, weil wir immer den Namen aufnehmen mußten, ja.
Verteidiger Göllner:
Herr Zeuge, wissen Sie, von wann an Klehr als Desinfektor tätig war?
Vorsitzender Richter:
Ja, weiß denn der Zeuge überhaupt, ob Klehr Desinfektor gewesen ist?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Mit Bestimmtheit kann ich das nicht sagen, ob Klehr Desinfektor gewesen ist, ja. Bei uns hat sich eigentlich nichts abgespielt in unserem kleinen Schreibstübchen da unten. Wir haben ja auch keinen Kontakt gehabt mit den Leuten.
Verteidiger Göllner:
Herr Zeuge, ist es richtig, daß für die Wochenmeldungen und für die Totenmeldungen die Unterscharführer Biedermann und Jambor eingeteilt waren?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Jambor?
Verteidiger Göllner:
Ja.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Nein.
Verteidiger Göllner:
Das ist ein Lehrer aus dem Sudetenland, der nicht mehr lebt.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Jambor war ja mein Vorgesetzter in der Schreibstube des Truppenarztes. Er war Lehrer und ein charaktervoller Mensch und war niemals für so etwas eingesetzt. Es sei denn für einen toten SS-Mann, der verstorben ist. Weil ich mit ihm zusammen die Arbeiten gemacht habe. Das muß auch Herr Langbein bestätigen können.
Verteidiger Göllner:
Ich habe diese Differenzierung nicht verstanden. Ich habe Sie gefragt, wer für die Wochenmeldungen und Totenmeldungen in dem SS-Revier zuständig war.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Im SS-Revier hatten wir ja keine Wochenmeldungen und Totenmeldungen in diesem Sinne so. Da ist mir nichts bekannt davon, daß wir Wochenmeldungen und Totenmeldungen hatten im SS-Revier für die Truppe.
Sprecher (nicht identifiziert):
[unverständlich] Standortarztes.
Vorsitzender Richter:
Meinen Sie nicht vielleicht die Schreibstube des Standortarztes, Herr Rechtsanwalt?
Verteidiger Göllner:
Ja, ja, die meine ich. Die meine ich.
Zeuge Ferdinand Brauner [unterbricht]:
Das könnte sein. Aber bei uns unten hat sich so was nicht abgespielt.
Vorsitzender Richter:
Ja, er war aber doch beim Truppenarzt.
Verteidiger Göllner:
Gut, gut. Ja, ja, ich habe es schon verstanden. Ich habe keine Fragen mehr.
Vorsitzender Richter:
Keine Fragen mehr. Sind sonst Fragen an den Zeugen zu stellen? Herr Staatsanwalt Kügler?
Staatsanwalt Kügler:
Sie sagten, daß Sie zunächst bei der Kompanieschreibstube für die Einteilung der Wachmannschaften [+ zuständig] waren. Haben Sie da Wachmannschaften eingeteilt für den Absperrdienst auf der Rampe?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Nein, das galt nur für die Leute, die den Dienst antreten mußten um den Drahtzaun da, ja, an den Türmen.
Staatsanwalt Kügler:
Ja nun, und dieselben Leute sind, wie wir wissen, bei ankommenden Transporten abgestellt worden. Sie haben um diesen Transport eine Postenkette gebildet. Wie ist es denn nun damit? Sind die da von alleine hingegangen?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Das ist mir nicht bekannt, daß das dieselben Leute waren.
Staatsanwalt Kügler:
Ja, sicher waren es dieselben.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Denn der Dienst hat sich regelrecht immer vollzogen, ja. Da hieß es
Staatsanwalt Kügler [unterbricht]:
Herr Zeuge, wir sind uns darüber im klaren, Sie haben da bei dem Untersuchungsrichter erklärt, Sie haben von all den Dingen nichts erfahren. Ich darf mir erlauben, Ihnen das nicht so ohne weiteres abzunehmen. Ich frage Sie deshalb, ob Sie sich erinnern können, wie das gewesen ist. Die Leute, die um das Lager gestanden haben, die zu den Wachmannschaften gehörten um das Stammlager, an dem Stacheldrahtzaun, die sind auch eingesetzt worden, wenn solche Transporte ankamen, die dann zum Teil vergast worden sind.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Herr Staatsanwalt, das kann ich Ihnen nicht sagen, denn die Truppe war ja groß. Das waren ja einige Tausend Mann da und viele Kompanien.
Staatsanwalt Kügler:
Eben.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ob dieselben Leute? Vielleicht Teile von anderen Kompanien. Dazumal, wo ich dort war, da habe ich von einer Vergasung überhaupt noch nichts gehört.
Staatsanwalt Kügler:
Für welche Kompanien waren Sie denn zuständig?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ich glaube, die 3. oder die 5. waren es. Da gab es noch keine Einteilung und so weiter für solche Sachen da.
Staatsanwalt Kügler:
Zur Exekution?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Das ist mir überhaupt nicht bekannt gewesen.
Vorsitzender Richter:
Ist Ihnen nicht bekannt geworden?
Staatsanwalt Kügler:
Nun sagen Sie mal, stand der Stacheldraht da an dem Stammlager Tag und Nacht unter Strom? Und wie war das in Birkenau?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ich habe nur gehört, daß er manchmal ausgeschaltet war. Das habe ich so reden gehört. Ich selbst habe mich nicht dran getraut, weil der Stacheldraht stand von unser Schreibstube ungefähr zweieinhalb Meter weg, wenn man das Fenster aufgemacht hat.
Staatsanwalt Kügler:
Ja. Sie wollen sagen, Sie haben reden gehört, daß er manchmal ausgeschaltet war? Habe ich das richtig verstanden?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Das habe ich manchmal gehört, daß er manchmal ausgeschaltet wäre. Vielleicht war Kurzschluß oder was, das weiß ich nicht.
Staatsanwalt Kügler:
Wollen wir versuchen, mal klarzustellen, in welchem Gebäude Sie da gesessen haben nachher beim Truppenrevier. Wissen Sie noch, wo der Kommandant Höß seine Villa hatte?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Der Kommandant, der hat ja vorn an der Sperre, glaube ich, gewohnt, ja?
Staatsanwalt Kügler:
Ja. Und da gegenüber war das Kommandanturgebäude.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Das könnte sein. Nicht das Revier, sondern vor uns war auch ein großer Block. Dort war doch die Politische Abteilung.
Staatsanwalt Kügler:
Ja, da war die Verwaltung drin, ja.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Verwaltung, gell?
Staatsanwalt Kügler:
Sie waren also in dem Haus, was an der unteren Ecke des Lagers lag, außerhalb des Stacheldrahts?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Hier war die Kommandantur. Und das nächste, den großen Block herunter, gegen die Fahrbereitschaft zu außerhalb dem Stacheldraht war das Revier, das Gebäude.
Staatsanwalt Kügler:
Gegen die Fahrbereitschaft.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Jawohl.
Staatsanwalt Kügler:
Was lag denn diesem Revier gegenüber über die Straße?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Da habe ich mich nicht interessiert und auch nicht achtgegeben. Ich dachte mir, es wäre so ein Rübenkeller, aus Gras eine Erhöhung. Diese Erhöhung, die war so circa drei bis vier Meter zu, verwachsen. Wie ein Keller hat das ausgesehen.
Staatsanwalt Kügler:
War da ein Schornstein dabei?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Nein.
Staatsanwalt Kügler:
Und es ist Ihnen nie erzählt worden, was das war?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Habe ich nicht Schornsteine gesehen. Das war lang, war 30/40 Meter, eine Erhöhung vor uns, was da gelegen hat, war mit Gras bewachsen.
Staatsanwalt Kügler:
Gab es zu dieser Erhöhung auch einen Eingang?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Das weiß ich nicht. Das war mit Brettern verschlagen, glaube ich, vorne.
Staatsanwalt Kügler:
Aha. Warum?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Das weiß ich nicht. Ich habe mich nie interessiert für das. Wir waren froh, wenn wir Feierabend hatten und wir ins Quartier gekommen sind.
Staatsanwalt Kügler:
Na ja. Sie haben also da direkt gegenüber gesessen.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Nein, nein. Wir hatten die Fenster zum Stammlager heraus.
Staatsanwalt Kügler:
Zum Stammlager heraus, nicht? Sie sind aber nicht über den Stacheldraht geklettert und durch das Stammlager gegangen, wenn Sie das Gebäude verlassen haben.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Die Haustüre zum Hausaustritt war zu diesen Rasenerhöhungen da, was Sie jetzt gefragt haben.
Staatsanwalt Kügler:
Also Sie wollen uns sagen, daß Sie während der Zeit, während deren Sie in Auschwitz waren, nie erfahren haben, was mit diesem Rübenkeller da los ist?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Nein. Habe ich nichts erfahren, auch nichts gesehen.
Staatsanwalt Kügler:
Hat Ihnen niemand erzählt, daß das eine Gaskammer war? Und daß da direkt ein Krematorium dran war?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ob Sie mir glauben oder nicht, ich habe das nicht gewußt, Herr Staatsanwalt.
Staatsanwalt Kügler:
Na gut.
Nebenklagevertreter Raabe:
Keine Frage.
Nebenklagevertreter Kaul:
Keine.
Vorsitzender Richter:
Von seiten der Verteidigung? Von seiten der Angeklagten? Klehr.
Angeklagter Klehr:
Herr Direktor, darf ich mir erlauben, dem Gericht mal die Vorstellung zu schildern? Der Direktor hat die falsche Einstellung. Ich war wohl nicht im SS-Revier, aber ich war bei derselben Dienststelle. Das war ja alles eins, ob ich als SDG war oder der Zeuge als Schreiber, das war ja alles eine Dienststelle.
Vorsitzender Richter:
Ja, und die gipfelte im Standortarzt? [...]
Angeklagter Klehr:
Die gipfelte im Standortarzt, jawohl.
Vorsitzender Richter:
Der Zeuge war aber nicht beim Standortarzt, sondern beim Truppenarzt.
Angeklagter Klehr:
Ja, Herr Direktor, deshalb wollte ich ja mal noch eine Frage haben. Ich kenne den Zeugen. Daß er unten beim Truppenarzt war, bestreite ich nicht, das kann später gewesen sein. Aber vorher war der Zeuge oben in der Schreibstube.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Richtig, ja.
Angeklagter Klehr:
Nicht?
Vorsitzender Richter:
Ja, ja.
Angeklagter Klehr:
Und dann später, wo ich dann von Auschwitz versetzt wurde nach dem Außenlager, dann kann der Zeuge unten beim Truppenrevier gewesen sein. Aber zuerst war er oben auf der Schreibstube. Und dann müßte er wissen, daß ein Telefondienst bestanden hat. Nicht, wie der Zeuge sagt, daß nur die Kranken benachrichtigt worden sind, wenn ein SS-Mann krank geworden ist. Sondern ich meinte ja, wie Herr Rechtsanwalt Göllner fragte, den Telefondienst für den Rampendienst.
Vorsitzender Richter:
Also, Herr Zeuge
Zeuge Ferdinand Brauner [unterbricht]:
Ein Telefondienst, bitte, hat bestanden oben, gell. Aber ich weiß ja nicht, was dort telefoniert wurde, gell.
Vorsitzender Richter:
Haben Sie nicht den Telefondienst dort gemacht?
Zeuge Ferdinand Brauner:
In meiner Zeit, wo ich oben war, habe ich schon öfters mal Telefondienst gemacht in der Schreibstube oben.
Vorsitzender Richter:
Ja. Und war da keine Liste vorhanden über Leute, die benachrichtigt werden mußten, wenn ein Transport ankam?
Zeuge Ferdinand Brauner:
In meiner Zeit nicht, wo ich oben war.
Vorsitzender Richter:
In Ihrer Zeit nicht. Und wenn Transporte ankamen in der Zeit, wurde das nicht Ihnen gemeldet beim Telefondienst?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ich möchte so sagen, oben ist mir das nicht bekannt. Aber unten dann im Truppenrevier hat man das durch die Wachmannschaften mal gehört: Heute ist wieder mal ein Transport gekommen [unverständlich]
Vorsitzender Richter [unterbricht]:
Ja, das interessiert uns weniger. Sondern uns interessiert jetzt, ob Sie die Anweisung hatten - so verstehe ich die Frage von dem Angeklagten Klehr -, beim Eintreffen von Transporten bestimmte Leute anzurufen.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ich hatte das nicht. Es waren ja andere auch am Telefon lange Zeit da. Ich habe diese Anweisung niemals bekommen. Vielleicht war das Herr Losert oder war das Herr Richter.
Angeklagter Klehr:
Herr Direktor, ich kann Ihnen genau sagen, wer in den Telefondienst eingeteilt war. Das waren sämtliche Schreiber von der SS-Schreibstube und alle Desinfektoren, außer den zwei Desinfektoren, die den Bereitschaftsdienst hatten. Diese Männer mußten den Telefondienst ausführen auf Anordnung vom Standortarzt. Und der Dienstplan stand da, von den Desinfektoren an den Rampendienst und zugleich der Telefondienstplan. Das wechselt sich ja immer...
Vorsitzender Richter:
Automatisch ab.
Angeklagter Klehr:
Automatisch ab. Also, der Telefondienst beginnt abends nach Tagesdienst. Wenn der allgemeine Tagesdienst zu Ende war, dann setzte der Telefondienst ein für den Rampendienst. Und dafür waren die SS-Männer eingeteilt. Bei Eintreffen des Transportes mußte der Telefondienst a) den diensthabenden Arzt bestellen, b) die zwei diensthabenden Desinfektoren und c) den Sanka bei der Fahrbereitschaft anfordern. Der kam zum SS-Revier und wartete, bis der SS-Arzt da war. Wenn der SS-Arzt nicht da war, dann kriegt er Bescheid, den diensthabenden Arzt in seiner Unterkunft zu holen oder wo er hinterlassen hat, wo er war. Und da fuhr der Sanka hin, den Arzt holen, kam an die Rampe, stiegen die Desinfektoren ein und fuhren an die Rampe.
Vorsitzender Richter:
Haben Sie das gehört, Herr Zeuge?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ich habe das gehört. Ist das Herr Klehr, der gesprochen hat?
Angeklagter Klehr:
Ja, hier ist der Klehr.
Vorsitzender Richter:
Ja.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ich gebe zur Kenntnis, er könnte recht haben. Aber ich habe ein dreiviertel Jahr fast mit Fleckfieber zugebracht und weiß eben nichts davon. Ich war im Lazarett, ich war zur Erholung, ich war in Urlaub. Ich weiß von der Sache nichts. Recht kann Herr Klehr haben.
Angeklagter Klehr:
Herr Zeuge, ich verlange von Ihnen ja gar nichts Unwahres. Ich will ja nur die Wahrheit feststellen. Daß es [unverständlich]
Zeuge Ferdinand Brauner [unterbricht]:
Ja, ich gebe zu, er kann recht haben. Aber ich war ein dreiviertel Jahr nicht mehr anwesend in Auschwitz aufgrund meiner Krankheit.
Angeklagter Klehr [unterbricht]:
Und ich habe noch das Gedächtnis, daß ich weiß, daß Sie zuerst als Schreiber in der allgemeinen Schreibstube oben waren.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Richtig, ja.
Angeklagter Klehr:
Und daß Sie unten beim Truppenrevier waren, das gebe ich auch zu. Aber dann erst, wo ich in die Nebenlager versetzt worden bin. Dann waren Sie unten beim Truppenrevier. Zuerst waren Sie oben als Schreiber und haben genau den Dienst machen müssen wie alle anderen Schreiber. Und dazu gehört auch der Telefondienst.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ja, selbstverständlich. Aber in dieser Zeit, wo ich da oben war, Herr Klehr, hat sich so was nicht abgespielt mit Transporten und so weiter.
Angeklagter Klehr:
Herr Zeuge, entschuldigen Sie bitte, ich war ja auch in Auschwitz [unverständlich]
Zeuge Ferdinand Brauner [unterbricht]:
Ja, aber in dieser Zeit, wo ich doch oben war in der Schreibstube, ja
Angeklagter Klehr [unterbricht]:
Ich will Ihnen ja nicht was aufbuckeln, was unwahr ist
Zeuge Ferdinand Brauner [unterbricht]:
Das mag dann 44 gewesen sein, da war ich ja krank
Angeklagter Klehr [unterbricht]:
Sie haben das genauso machen müssen, wie wir das haben machen müssen, aber Sie waren dagewesen. Und darum geht es ja. Der Herr Zeuge Wilks hat mir schon erklärt, er kennt mich nicht. Ich habe den Wehrsold genau dort geholt, wo Sie ihn geholt haben. Bei unserm Rechnungsführer Wilks. Heute stellt sich Herr Zeuge Wilks auf diesen Standpunkt, er kennt mich überhaupt gar nicht. Und da habe ich kein Verständnis mehr dafür. Wenn man das nicht mehr kann: Gradestehen, wo man hingestellt worden ist und was man machen mußte
Zeuge Ferdinand Brauner [unterbricht]:
Sie haben Recht. Aber ich muß wieder zur Kenntnis geben, gell, in dieser Zeit, wo ich die kurze Zeit Telefondienst gemacht habe, waren von Transporten, wie Herr Staatsanwalt mich gefragt hat, keine Sache oder keine Anrufe gekommen. Da weiß ich absolut nichts davon.
Angeklagter Klehr:
Herr Zeuge, die Transporte sind doch von
Zeuge Ferdinand Brauner [unterbricht]:
In welchem Jahr sind denn die gekommen, Herr Klehr?
Angeklagter Klehr:
Die Transporte sind doch laufend gekommen, von 42 im Frühjahr schon kamen doch die Transporte schon, Herr Zeuge.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Schauen Sie, diese großen Gespräche, die werden wahrscheinlich übergeleitet worden sein zum Stabsscharführer oder zum Herr Doktor Wirths. Das waren drei Stuben mit Telefonen. In der Schreibstube, wo wir da drin waren, ich kann mich nicht erinnern, daß die da hereingekommen sind.
Angeklagter Klehr:
Herr Zeuge, in dem Zimmer, wo Sie gesessen haben in der Schreibstube, saß der Biedermann, da saß der Jambor, da saß der
Zeuge Ferdinand Brauner [unterbricht]:
Nein, Herr Jambor saß nicht drin, der saß unten im Revier.
Angeklagter Klehr:
Da saß Unterscharführer Richter.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Richter, ja.
Angeklagter Klehr:
Und der Läufer, na, ich weiß nicht, der den SS- Läufer machte. Da komme ich nicht mehr auf den Namen. Und es waren noch ein oder zwei Mann. Und dort war das kleine Feldtelefon, wo man das Stammlager angerufen hat. Auf demselben Zimmer war das, wo Sie gesessen haben. Und da [unverständlich]
Zeuge Ferdinand Brauner [unterbricht]:
Ich wußte nur, daß man sofort das Telefon an den Stabsscharführer überweisen mußte, wenn einmal ein dringendes Gespräch kam irgendwie, das mußte Angeklagter Klehr [unterbricht]:
Nachher, wo Doktor Wirths gekommen ist, dann wurde natürlich die ganze Dienststelle erweitert und vergrößert. Und dann kam die ganze Umorganisation. Ich weiß ganz genau
Zeuge Ferdinand Brauner [unterbricht]:
In dieser Zeit war ich da. Ja, also wir haben diese Gespräche nicht abgenommen, sondern die wurden immer ins Zimmer geleitet zum Stabsscharführer, soviel ich weiß.
Vorsitzender Richter:
Welche Gespräche wurden geleitet?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ich nehme an, von denen Sie sprechen, weil mir da nichts bekannt ist.
Vorsitzender Richter:
Ja, von welchen sprechen Sie denn eben, die Sie umgeleitet haben? Sie sagten: »Diese«
Zeuge Ferdinand Brauner [unterbricht]:
Ich persönlich habe keine umgeleitet.
Vorsitzender Richter:
Ja, Sie haben doch eben gesagt: »Diese Gespräche wurden immer umgeleitet in das Zimmer des Stabsfeldwebels« oder was weiß ich sonst wie.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ich nehme an, daß da selbst die Leitung hinging. Weil der Stabsscharführer dann rausgekommen ist, und er hat Weisung an die Leute gegeben. Was, weiß ich ja nicht.
Vorsitzender Richter:
Ja, Sie haben doch eben gesprochen von »umgeleitet«. Haben Sie keine umgeleitet?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Persönlich nicht, nein.
Vorsitzender Richter:
Ja, und wieso wissen Sie, welche Gespräche umgeleitet worden sind?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ich nehme jetzt an, weil Sie sagen, diese Transportgespräche müßten in unsere Schreibstube gekommen sein. Die paar Stunden, wo ich da saß am Telefon - dann saß wieder ein anderer da, dann wieder ein anderer -, ist mir nichts bekannt von diesen Transportgesprächen da, was Sie sagen. Da müssen doch die Gespräche ins andere Schreibzimmer gegangen sein. So nehme ich an, ich weiß es nicht.
Angeklagter Klehr:
Herr Zeuge, es handelt sich ja nur hauptsächlich um den Telefondienst für den Rampendienst. Der hat doch bestanden, das müssen Sie doch zugeben.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Der hat schon bestanden da oben, das glaube ich gerne, ja.
Angeklagter Klehr:
Ja, und dazu waren Sie auch eingeteilt.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Nein, ich war nicht direkt eingeteilt, weil
Angeklagter Klehr [unterbricht]:
Ja, dann kann ich nichts mehr sagen.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Weil die Zeit, wo ich oben war in der Schreibstube - es tut mir leid, Herr Klehr, ich möchte Sie in keiner Weise belasten -, da ist von diesen Sachen nichts gesprochen worden. Ich war ja nicht so lange dort oben in der Schreibstube.
Angeklagter Klehr:
Sie sollen mich nicht entlasten. Sie sollen nur die Wahrheit sagen, nicht. Das verlange ich bloß von Ihnen. Ich will Sie nicht belasten
Zeuge Ferdinand Brauner [unterbricht]:
Vielleicht sind die Leute, die den Telefondienst gemacht haben, nicht hier. Aber den Telefondienst, den ich gemacht habe, ja, die kurze Zeit und die paar Stunden, ja...
Angeklagter Klehr:
Herr Zeuge, ich weiß es ganz genau und ich täusche mich auch nicht. Was ich aussage, das stimmt haargenau. Und mir liegt vollkommen fern, einen Menschen zu belasten. Habe da keine Erklärung dazu.
Nebenklagevertreter Raabe:
Eine Frage noch, Herr Direktor: Herr Zeuge, wissen Sie etwas über die Einteilung der Ärzte zum Rampendienst?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ist mir auch nichts bekannt. Schauen Sie, Herr Staatsanwalt, ich hätte mich ja nie getraut, als kleiner Rottenführer dazumal einen Arzt zu fragen, welchen Dienst er macht oder wo er hin beordert wurde. Wir haben zackig gegrüßt, und das war alles.
Vorsitzender Richter:
Ja, aber es soll da auf der Schreibstube eine Liste gelegen haben über die Einteilung zum Rampendienst. Und deshalb wird wohl der Herr Rechtsanwalt Raabe fragen, weil wir bisher immer gehört haben, daß diese Liste ausschlaggebend und maßgeblich war für die Benachrichtigung derjenigen Ärzte und Sanitätsdienstgrade und Desinfektoren, die eingeteilt waren.
Zeuge Ferdinand Brauner:
Da war ich schon in der Truppenschreibstube. Ich habe die Liste nicht gesehen. Die mag ja oben gehangen haben, aber ich habe die Liste nicht gesehen, weil ich da in der Truppenschreibstube war. Wie gesagt, ich war ja zu lange krank. Ich weiß ja überhaupt nicht mehr, was sich da abgespielt hat da oben in der Zeit, in der kurzen, wo ich da in Auschwitz war.
Nebenklagevertreter Raabe:
Herr Zeuge, eine letzte Frage. Sie erwähnten Doktor Lucas und sagten, daß Sie ihn öfters bei Ihrer Dienststelle gesehen hätten. Wissen Sie, ob Doktor Lucas zu dieser Zeit, als Sie ihn sahen, auch für die ärztliche Betreuung von Häftlingen zuständig war?
Zeuge Ferdinand Brauner:
Ich weiß nur eines: Herr Doktor Lucas kam eines Tages in die Schreibstube herein zu uns. Herr Jambor war drin und ich anwesend. Und da hat er fürchterlich geschimpft: »Dieser verfluchte Saustall! Ich habe es satt bis oben. Ich weiß nicht, an die Front kann man nicht kommen.« Und da habe ich entnommen, daß er irgendwo in einem Lager Dienst getan hat. Das weiß ich, mehr weiß ich nicht von ihm.
Nebenklagevertreter Raabe:
Aha. Danke schön.
Vorsitzender Richter:
Wenn keine Fragen mehr sind, können wir gemäß § 61 Ziffer 3 von der Beeidigung absehen, weil die Aussage keine wesentliche Bedeutung hat.
Staatsanwalt Vogel:
Ich beantrage, gemäß § 60 Ziffer 3 von der Vereidigung abzusehen.
Vorsitzender Richter:
Halten Sie seine Aussage für erheblich?
Staatsanwalt Vogel:
In einzelnen Punkten ja.
Nebenklagevertreter Raabe:
Ich halte sie auch für erheblich und bin auch der Ansicht, 60 Ziffer 3 wäre hier die richtige Vorschrift.
Nebenklagevertreter Kaul:
Ich würde das für richtig halten, zumal er doch
Vorsitzender Richter [unterbricht]:
Von seiten der Verteidigung wird kein Vorschlag gemacht. Dann müssen wir darüber entscheiden.[4]
- Vgl. richterliche Vernehmung vom 11.10.1962 in Landsberg, 4 Ks 2/63, Hauptakten, Bd. 73, Bl. 13.783.
- Vgl. richterliche Vernehmung vom 11.10.1962 in Landsberg, 4 Ks 2/63, Hauptakten, Bd. 73, Bl. 13.783.
- Vgl. richterliche Vernehmung vom 11.10.1962 in Landsberg, 4 Ks 2/63, Hauptakten, Bd. 73, Bl. 13.782.
- Der Zeuge Brauner blieb gemäß § 60 Abs. 3 StPO unvereidigt, »da der Verdacht besteht, daß der Zeuge an den Taten, die den Angeklagten zur Last gelegt werden, beteiligt ist«. Protokoll der Hauptverhandlung vom 02.11.1964, 4 Ks 2/63, Hauptakten, Bd. 104, Bl. 871.